Das Deutsche Zentrum für Oberflächenersatz an den DRK Kliniken Berlin bestand von 2003 bis 2012.
Durch die Spezialisierung der Operateure auf den Oberflächenersatz (Birmingham Hip Resurfacing) und den Hüftkopf-Teilersatz (Birmingham Mid Head Resection) verfügte das Zentrum über die Erfahrung von über 2.500 BHR- und über 450 BMHR- Implantationen allein bis 2009.
Auf Grund dieser großen Erfahrung war das Zentrum als Ausbildungsklinik für die Originalverfahren nach McMinn anerkannt und wurde von zahlreichen Ärzten aus dem In- und Ausland besucht.
Die Implantation von Standardprothesen kam zur Anwendung, wenn die beiden knochensparenden Verfahren nicht möglich waren.
Im März 2012 endete mein Vertrag mit den DRK-Kliniken Berlin, seitdem bin ich als Belegarzt tätig. Der BHR – Oberflächenersatz wird aber weiterhin im DRK-Klinikum Westend angewendet.
Abbildungen 1a und 1b zeigen im Schema die Versorgungsmöglichkeiten mit knochensparenden Hüftgelenksprothesen.
Birmingham Hip Resurfacing (BHR)
Birmingham Mid Head Resection (BMHR) diese Prothese steht nicht mehr zur Verfügung, weil es zu wenig Anwender gab. Die Ergebnisse damit waren gut.
Bei einer schlanken, inzwischen 63jährigen Frau, erkennt man 7 Jahre nach Oberflächenersatz die unveränderte Knochendichte und Knochenstruktur am Schenkelhals.
Diese Vorteile machen den Oberflächenersatz (BHR) zu einem geeigneten Verfahren für den jungen, aktiven Patienten. Als Richtlinie gilt ein Alter bis 65 Jahre bei Männern und 60 Jahre bei Frauen.
Nachteile gegenüber Standardprothesen:
Beispiele für die Anwendung des Oberflächenersatzes (BHR):
Ist bei ausgedehnten Zerstörungen des Kopf-Halssegmentes oder Osteoporose oder auf Grund des Allgemeinzustandes des Patienten und seines Aktivitätsniveaus der Oberflächenersatz nicht indiziert, so stellen Standardprothesen mit verschiedenen Gleitpaarungen und Schaftformen gute Alternativen dar, denn seit der Einführung des Oberflächenersatzes BHR 1996 sind auch bei den Schaftprothesen bedeutende Fortschritte erzielt worden.
Die jetzt zur Verfügung stehenden Keramiken haben eine sehr hohe Bruchfestigkeit, so dass ein Bruch extrem unwahrscheinlich ist. Diese Bruchfestigkeit ermöglichte eine größere Dimensionierung der Komponenten, so dass die Luxationsgefahr auch bei diesen Prothesen deutlich geringer geworden ist. Die Abriebfestigkeit der Keramik lässt eine sehr hohe Lebensdauer erwarten.
Durch die deutliche Verbesserung der Abriebfestigkeit des Kunststoffes Polyethylen (Hochvernetzte PE, Imprägnierung mit Vitamin E), stellen Pfannen mit diesem Gleitpartner ebenfalls eine langlebige Alternative dar.
Abb. 12a:
Standardschäfte, zementiert oder zementfrei, führen zu einer Umleitung des Kraftflusses vom Becken auf den Oberschenkel. Abhängig vom Design ist der Um- und Abbau des Knochens (stress shielding) unterschiedlich ausgeprägt.
Abb. 12b:
Kurzschaftprothesen sollen den Kraftfluss weniger beeinflussen.
1) Die Geschichte der Metall-Metall-Gleitpaarung
Schon 1938 wurde die Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierung als Implantatwerkstoff eingeführt. Die ersten Hüftgelenksendoprothesen hatten diese Gleitpaarung, so dass es sehr lange Erfahrungen gibt. Schon in den 50ger Jahren wurden Metall-Metall-Prothesen implantiert. Sie bestanden aus derselben Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierung, die auch heute wegen ihrer guten tribologischen Eigenschaften (geringe Reibung, geringer Abrieb) benutzt wird. Die bekanntesten Prothesen waren die von Peter Ring und die von McKee-Farrar. Letztere wurde auch in großer Zahl in Deutschland verwendet. Die ungünstigere Form des Prothesenstiels, die unzureichende Operationstechnik, die Schwierigkeiten bei der Verarbeitung des sehr harten Materials und die fehlende Präzision in der Fertigung führten zu vielen Komplikationen, so dass die Anwendung zu Gunsten der Kunststoff-Metall-Gleitpaarung von Charnley (low friction) aufgegeben wurde. Ein besseres Design des Prothesenstiels, die standardisierte Operationstechnik und die mittelfristig weniger komplikationsträchtige Gleitpaarung waren die Gründe für diesen Wechsel (5,6).
Im Laufe der Zeit stellte sich aber heraus, dass ein Teil der Patienten mit den McKee-Farrar-Prothesen und einzelne mit den Ring-Prothesen auch nach über 30 Jahren keine Lockerungen der Prothese und keinen erkennbaren Abrieb mit Zerstörung des knöchernen Lagers zeigten (27,39).
Prothesen, die nach dem Tod von Patienten untersucht wurden, zeigten einen extrem geringen Verschleiß von etwa 0,5 bis 1,0 µm pro Jahr und Komponente. Das Abriebvolumen war also um den Faktor 100 geringer als bei dem Kunststoff Polyäthylen, der heute noch, allerdings mit verbesserter Abriebfestigkeit, verwendet wird.
2) Die heutigen Metall-Metall-Gleitpaarungen
Ende der 80er Jahre führten diese Ergebnisse der Metall-Metall-Prothesen zu der Erkenntnis, dass diese Gleitpaarung der Gleitpaarung mit Polyäthylen grundsätzlich überlegen ist, wenn die Prothesen bestimmten Standards in der Herstellung entsprechen (40) und die Implantation mit der korrekten Positionierung der Komponenten erfolgt.
Für Standardprothesen wurde deshalb die Metall-Metall-Gleitpaarung 1989 wieder eingeführt (49).
Das bestechende Konzept des Oberflächenersatzes ist nicht neu. Nach den Misserfolgen von Charnley mit Pfannen aus Teflon wurde die Idee des Oberflächenersatzes in Deutschland zuerst von Wagner mit Pfannen aus Polyäthylen wieder aufgegriffen. Auch in anderen Ländern wurden ähnliche Prothesen verwendet (15).
Die enttäuschenden, nicht akzeptablen Ergebnisse des Oberflächenersatzes mit Polyäthylenpfannen mit etwa 50% Lockerungen nach 5-6 Jahren beruhten auf dem ungeeigneten Material der Pfanne, durch das sehr hoher Abrieb entstand, der wiederum zur Zerstörung des Knochens (Osteolysen) führte (26).
Abb. 17a: Das Röntgenbild zeigt die Reste von Knochenzement, die zerriebene Pfanne und die ausgedehnte Zerstörung des Knochens am Oberschenkel und am Becken durch Kunsstoffpartikel (Osteolysen).
Abb. 17b: Die durch Abrieb zerstörte Kunststoffpfanne und die beschädigte Oberfläche des Metallkopfes.
Anfangs glaubte man, dass die Misserfolge auf die unterbrochene Durchblutung des Hüftkopfes mit anschließendem Absterben des Knochens zurückzuführen seien.
Untersuchungen von Hüftköpfen nach Oberflächenersatz zeigten jedoch, dass der Knochen unter einer zementierten Kappe nur sehr selten abstirbt (11). Campbell et al. (12) fanden unter 25 Hüftköpfen, die 12 Jahre nach Oberflächenersatz untersucht wurden, keine, die abgestorbenen waren. Das Versagen des Oberflächenersatzes der 70er Jahre beruhte also nicht auf einer Durchblutungsstörung des Hüftkopfes, sondern auf dem ungeeigneten Material. Die raue Oberfläche des Kunststoffes erlaubt keine „geschmierte Reibung“, so dass bei großen Hüftköpfen die große Oberfläche und die große Geschwindigkeit der Gleitpartner den Abrieb stark vermehrten, wodurch die Lockerung der Prothese mit Zerstörung des knöchernen Lagers beschleunigt wurde. Diese Nachteile sind die Ursache dafür, dass bei Kunststoff möglichst kleine Prothesenköpfe verwendet werden, um den Abrieb zu vermindern. Der Nachteil der kleinen Hüftköpfe ist das erhöhte Luxationsrisiko.
Anerkannt ist, dass die folgenden Kriterien für den Erfolg der Metall-Metall-Gleitpaarung entscheidend sind:
Die Erkenntnis, dass mit einer Metall-Metall-Gleitpaarung grundsätzlich gute Ergebnisse zu erzielen waren, führte dazu, dass McMinn auch die bestechende Idee des Oberflächenersatzes 1989 wieder aufnahm und nach einer Entwicklungsphase 1996 die Erfahrung mit 235 Implantationen vorstellte. Es kam zu keiner Schenkelhalsfraktur oder Hüftkopfnekrose. Bei den 116 Prothesen, die nach der heutigen Technik operiert wurden, mit einer zementfreien Pfanne und einer zementierten Femurkomponente, musste bei einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 8,3 Monaten keine Prothese gewechselt werden (35).
In den folgenden Jahren wurden von der Arbeitsgruppe um McMinn, aber auch von anderen Anwendern des „Birmingham Hip Resurfacing“ überzeugende Ergebnisse veröffentlicht. Daniel et al. (17) aus dem McMinn Centre, berichteten über 384 Patienten, Durchschnittsalter 48,3 Jahre, mit 446 Prothesen (BHR), die nach 1,1 bis 8,2 Jahren untersucht wurden. Sechs Patienten waren unabhängig von der Hüftoperation verstorben. Von den 440 Prothesen musste eine wegen einer Hüftkopfnekrose gewechselt werden. Treacy et al. (46) berichteten über die Ergebnisse von 130 Patienten, Durchschnittsalter 52,1 Jahr, mit 144 Oberflächenersatzprothesen (BHR) nach 5 Jahren. Drei Prothesen wurden gewechselt, zwei wegen eines Infektes und eine wegen einer Hüftkopfnekrose.
Steffen et al. (45) stellte die Ergebnisse von 532 Patienten, Durchschnittsalter 51,8 Jahre mit 610 Prothesen (BHR) vor. Die sieben Fachärzte und 30 Ärzte in der Ausbildung gehörten nicht zu den Entwicklern der Prothese, waren also unabhängig. Da außer der primären Coxarthrose auch Coxarthrosen bei Dysplasie und Hüftkopfnekrosen, mit einem höheren Risiko, operiert wurden, ist die Erfolgsrate von 95% nach sieben Jahren sehr zufriedenstellend.
Eine prospektive Multicenter Studie mit 679 Operationen, durchgeführt von 60 Chirurgen in mehreren Kliniken zeigt nach fünf bis acht Jahren eine Überlebensrate der Prothesen von 95,7%. Die Studie begann 1997, als nur spärliche Erfahrungen mit der Operationstechnik vorlagen. Unter Berücksichtigung der Zahl der Operateure und der „Lernkurve“ für dieses Verfahren, ist das Ergebnis durchaus als gut zu bezeichnen (28).
Verglichen mit Standardprothesen geben die meisten Autoren an, dass das Aktivitätsniveau der Patienten nach Oberflächenersatz höher ist und viele Patienten sehr belastende Berufe und Sportarten ausüben (17,30,46). Andere Autoren fanden keine wesentlichen Unterschiede zu Standardprothesen mit großen Prothesenköpfen.
Mont et al. (36) wiesen nach, dass die Komplikationsrate nach über drei Jahren nicht höher ist als bei Standardprothesen.
Aus den Nationalen Prothesenregistern Schwedens (2) und Australiens (1) lässt sich ablesen, dass die Komplikationsrate nach dem BHR-Oberflächenersatz höher ist, wenn alle Altersgruppen eingeschlossen werden. Betrachtet man aber die Zielgruppe der unter 50jährigen, dann sind die Ergebnisse der BHR deutlich besser, die Haltbarkeit nach 16 Jahren bei Standardprothesen betrug bei über 75jährigen 95%, bei unter 50jährigen aber nur 70%. Die geringere Zahl von Infektionen und Luxationen beim Oberflächenersatz ist in diesen Zahlen noch nicht berücksichtigt.
Seit 1996 sind über 160.000 Original - Oberflächenersatzprothesen (BHR) mit sehr guten Ergebnissen implantiert worden, ohne dass Änderungen an dem Implantat vorgenommen werden mussten. Dem entsprechen auch unsere eigenen Erfahrungen mit fast 2.500 Anwendungen bis 2009.
Auf Grund dieser Ergebnisse wurde das Verfahren von den meisten Herstellern von Endoprothesen, mehr oder weniger modifiziert, kopiert. Diese Änderungen des Designs und der Metallurgie führten aber zu schlechteren Ergebnissen, wie im Australischen Nationalen Register festgestellt wurde (1).
Das Gebiet der Endoprothetik mit seinen vielen Modellen und Biomaterialien kann mit diesen Ausführungen nicht umfassend dargestellt werden. Es sollten Ihnen jedoch einige Informationen mit dem Schwerpunkt „knochensparende Prothesen“ und „Metall-Metall-Gleitpaarungen“ vermittelt werden. Die Literaturangaben sind nur ein kleiner Teil der inzwischen vorliegenden Veröffentlichungen. Sie sollen Ihnen zeigen, dass diese Informationen auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen beruhen und nicht eine subjektive Meinung darstellen.
Leider werden in den Medien häufig sehr einseitige, irreführende und oberflächliche Darrstellungen, die einer Werbung sehr ähnlich sind, angeboten. Werbeähnlichen Charakter hatten besonders zwei Sendungen des Gesunheitsmagazins „Visite“ am 16.09.2008 und am 03.11.2009.
In der ersten wurde eine angebliche „Weiterentwicklung“ des Originalimplantates von McMinn von Prof. Dr. Scholz, Berlin und PD Dr. Gerdesmeyer, Kiel, angepriesen, ohne dass relevante Ergebnisse vorgestellt wurden. Zu demselben Thema, mit gleicher Aussage, wurde auch die Sendung „Quivive“ im RBB am 20.05.2009 ausgestrahlt. Kritische Fragen wurden von den Moderatorinnen nicht gestellt. Diese „Weiterentwicklungen“ sind inzwischen nicht mehr erhältlich.
In der Sendung „Visite“ des NDR am 03.11.2009 wurde von Herrn Dr. S. Oehme, Chefarzt Orthopädie, Ostseebad Damp, die Behauptung aufgestellt, dass der Oberflächenersatz eine Komplikationsrate von über 15% aufweise. Eine Quelle für diese Behauptung wurde nicht angegeben. Gleichzeitig wurde angedeutet, dass deshalb der Oberflächenersatz in den USA vom Markt genommen werden solle. Auch diese Behauptung ist falsch.
Aus demselben Klinikkonzern (Damp-Holding, Hamburg, jetzt Helios-Klinikum) werden in der Presse Anzeigen aufgegeben, die ebenfalls 15% Komplikationen angeben. Quellen werden nicht genannt. Angaben darüber, um welchen Oberflächenersatz es sich handelt, werden nicht gemacht. Es werden mindestens 15 verschiedene Modelle angeboten.
Im Spiegel 45/2009 wird von der Autorin Fr. Dr. V. Hackenbroch festgestellt: „ mit dem derzeitigen McMinn Modell aber gibt es bislang nicht mehr als sieben Jahre Erfahrung“. Welches ist das „derzeitige McMinn Modell“? Es sind mindestens 15, sehr unterschiedliche Modelle verfügbar! 1996 wurden die ersten Fälle veröffentlicht. Auf dem Europäischen Orthopädenkongress 2009 in Wien wurden 11-Jahresergebnisse aus Birmingham vorgestellt. Von 403 Patienten mussten zwei Prothesen wegen Komplikationen gewechselt werden. Die Überlebensrate beträgt 99,7%. Derartige Ergebnisse kann nicht jeder Operateur erzielen, sie sind aber grundsätzlich möglich. Weitere Studien sind jedem Interessenten zugänglich.
Der Leser oder Zuschauer, muss sich darüber im Klaren sein, dass die Recherchen in den Medien sehr oberflächlich und die vertretenen Meinungen deutlich tendenziös sind.
Literatur: